…dann ist es ja oft am besten Stille zu bewahren – doch nicht in diesem Fall.
Ich bemühe mich bei meinen Konzertberichten objektiv zu sein und immer alles aus einer gewissen Distanz zu beurteil. Ich möchte ja keine verfälschte Meinung verbreiten, doch in diesem Fall kann ich weder objektiv sein, noch kann ich euch die folgenden Worte vorenthalten. Außerdem glaube ich, dass meine Meinung trotz Beeinflussung noch immer sehr nahe an der Wahrheit liegt.
Es geht um eine Band, die mich nun seit über 7 Jahren begleitet und jeder Österreicher, der ein bisschen Interesse an guter Musik hat, dürfte es kaum an ihnen vorbei geschafft haben. Es geht um die Band From Dawn to Fall, die nun – nach 10 Jahren gemeinsamer Bandgeschichte – gerade ihre Abschiedstournee zum Besten geben. Natürlich habe ich es mir nicht nehmen lassen und mir Tickets für drei der fünf Österreich-Konzerte besorgt. Nach zwei Auftritten gibt es nun endlich ein paar Worte, da ich vermute, dass das allerletzte Konzert definitiv separat beurteilt werden muss.
19.09.2015 – stereo, Klagenfurt
Ich befinde mich auf dem Weg nach Klagenfurt. Keine zwei Stunden trennen mich von dem kleinen Club in dem ich nach viel zu langer Zeit endlich wieder auf diese Band treffe. From Dawn to Fall, die sowohl bei uns, als auch in Japan kein unbeschriebenes Blatt sind, haben mit der Veröffentlichung ihres dritten Albums „BLVRS“ entschieden getrennte Wege zu gehen – zumindest musikalisch wollen sie die gemeinsame Zeit hinter sich lassen. Wenn man die fünf Perchtoldsdorfer Stoffl, Jojo, Clemi, Dani und Philip schon einmal live erleben durfte, kann man sich das zwar nicht vorstellen, aber dazu später mehr.
Am Club angekommen fühle ich mich ziemlich alleine. Außer mir befinden sich nur zwei weitere Gäste vor dem Club. Den Andrang habe ich mir größer vorgestellt, aber das trübt meine Stimmung nicht. Ich bin voller Vorfreude, völlig aufgedreht und trotzdem bekomme ich kaum ein Wort heraus, da ich am ganzen Körper zittere. Ich bin mir noch immer nicht sicher, ob ich weinen oder lachen soll. So viele Jahre waren die Songs der Jungs mein Anker und haben mir Kraft geschenkt, wenn mir jegliche Hoffnung fremd war. Und nun soll das alles vorbei sein? Trotzdem versuche ich positiv in den Abend zu gehen. Ich will den Auftritt genießen, mit ihnen feiern und Spaß haben.
Doch zuerst warten noch drei Vorbands darauf gehört zu werden.
Stefan Thaler – der Sänger/Songwriter begeistert mit ruhigen Tönen, gefühlvollen Texten und sympathischen Auftreten. Man merkt ihm an wie dankbar er ist, heute auf dieser Bühne stehen zu dürfen und schon als er auf den Abschied der Band hinweist, sammeln sich Tränen in meinen Augen. Ich bin verunsichert, denn in meiner 15 jährigen Konzert-Geschichte in der ich unzählige Bands live erleben durfte, ist mir sowas noch nie passiert.
Die beiden anderen Vorbands Living Targets und Chaos Alarm lassen mich zum Glück wieder abkühlen. Auch wenn ich bei beiden Bands gute Ansätze finden kann, fällt es mir schwer Gefallen an den jungen Musikern zu finden. Wo der eine Sänger kein Wort ans Publikum verliert, zieht der andere mit skurrilen Reden, die Ernsthaftigkeit von emotionalen Texten ins lächerliche. Wirklich schade, aber man lernt ja mit den Jahren dazu.
Dann ist es also endlich soweit. Die Jungs von FDTF betreten die Bühne und schnell baut sich ein Haufen Gefühlschaos in mir auf. Nur mit viel Kraft kann ich mich halten und drücke all die Trauer auf die Seite. Es wäre nicht fair einen Auftritt dieser Band zum trauen zu verschwenden.
Die fünf Österreicher sind mit voller Energie und Leidenschaft bei der Sache. Sie legen jeden Atemzug in die Lieder und heizen dem kleinen Raum sofort ein – auch wenn man schnell merkt, dass auch den Musikern klar ist, dass das kein Konzert wie jedes andere ist. Man spürt etwas Erdrückendes, was sich auch immer wieder in den Gesichtern einiger Besucher erkennen lässt, doch alle reißen sich am Riemen, tanzen, singen und feiern so gut es geht. Auf der Bühne scheint ein Tornado unterwegs zu sein – oder besser gesagt gleich fünf davon. Gitarrist „Jojo“ legt wie gewohnt einen Kraftakt sondergleichen hin, denn sowohl seine instrumentalen Leistungen, als auch die „gesanglichen“ sind ein wichtiger Bestandteil dieser Band. Stoffl, der Sänger der Truppe zieht jeden einzelnen Gast in seinen Bann. Auch wenn es nicht unbemerkt bleibt, dass er manche Songzeilen, dann doch lieber an das Publikum abgibt, tut das der Stimmung nichts ab – im Gegenteil. Die Leute feiern jeden Song der gut gemischten Setliste. Klassiker der ersten Stunde wie „Farewell Scenery“, „Days Of Neon Grey“ und „Fightback“ werden begleitet von legendären Partynummern wie „Gossip“, „Beat of Harmony“ oder den Balladen „For Tonight“ und „Rome“.
Ich ärgere mich über den grauenhaften Sound, der mir schon bei den Vorbands aufgefallen ist und auch das viel zu dunkle Licht tut leider gar nichts für eine gute Konzertatmosphere. Da kann man nur von Glück sprechen, dass es dann auch mal ruhiger wird, denn als die beiden eben genannten Bandmitglieder plötzlich alleine auf der Bühne stehen, ist allen klar was jetzt komm. Prompt legt sich die Stimmung im Publikum von einer feiernden Partymeute, zu einer emotional geladenen Fangemeinde.
Der Akustik-Part des Konzertes steht also an, denn „es kann keine Abschiedstournee geben, ohne Akustik Nummern“ – so der Frontman der Band. Mit den ersten Tönen von „Words“ zeigt sich die Menge textsicher und dankbar. Als Jojo und Stoffl zum zweiten Song „Trip“ ansetzen kann ich meine Tränen dann endgültig nicht mehr halten und lasse einfach los. Zum ersten Mal erlebe ich was es heißt eine Band zu verlieren, die ich abgöttisch liebe – die mir seit Jahren den Rücken stärkt und ohne die ich nicht da wäre, wo ich heute bin. Ein Band, die ich gehört habe, als jede andere Musik für mich undenkbar war – als es mir nicht möglich war mit Menschen zu sprechen oder mich jemandem zu öffnen. Ich habe mich verstanden gefühlt. Nun war also der Moment gekommen, wo all das von mir fiel – und es war mir nicht peinlich oder unangenehm. Nein, es war einfach ehrlich.
Das Gefühl hielt eine Zeit lang an, doch irgendwann beschloss ich für mich selbst auch die letzten Nummern noch zu feiern – ihnen zu liebe. Zurück auf der Bühne überzeugt Schlagzeuger Clemens wieder mit geladener Drummer-Power, lacht mit seinen Bandkollegen und überzeugt mit musikalischer Leistung. Auch Gitarrist Dani und Bassist Philip ist es anzusehen wie jeder einzelne Ton von Emotionen getragen wird. Die Band spielt als gäbe es kein Morgen mehr, was zugegebener Maßen nichts Ungewöhnliches ist, diesmal jedoch nicht allzu Fern von der Wahrheit liegt.
Nach der letzten Zugabe tobt die Menge leider erfolglos. Ich sehe einige glasige Augen und viele verzweifelte Blicke, doch allen ist klar – nun ist es vorbei…
Es dauert nicht lange, da kommen die Jungs auch schon aus dem Backstagebereich, geben Autogramme, machen Fotos und tratschen mit ihren langjährigen Fans. Auch wenn mir kaum Worte einfallen, bin ich dankbar. Dankbar für jeden Moment, den mir diese Band geschenkt hat. Dankbar für einen wundervollen Abend.
Nach knapp zwei Wochen fühle ich mich stark genug das zweite meiner drei Konzerte zu besuchen. Mit voller Kraft starte ich in den Abend und mache mich mit einer Freundin auf den Weg zum Grazer p.p.c. Dort angekommen, stehen wir alleine vor der Halle – was mich nicht weiter stört. So passiert es auch mal, dass man persönlich von der Band begrüßt wird und schon vor dem Konzert ein paar Worte mit ihnen wechseln kann.
Eine Stunde später dürfen wir dann auch schon rein und begeben uns gleich in die Nähe der Bühne. Nur wenige Leute sind bisher im Raum, doch das ändert sich schnell.
Schon bei der Vorband A Different Story, ist der Raum gut gefüllt. Wie gewohnt, lassen sich auch die sympathischen Jungs von FDTF den Auftritt ihrer Vorgänger nicht entgehen und stehe mit im Raum. Leider habe ich nicht wirklich viele gute Worte für die jungen Musiker, die gerade versuchen den Besuchern einzuheizen. Man hat das Gefühl, als würden sie sich unwohl fühlen und merkt ihnen an, dass sie nicht wirklich bei der Sache sind. Ob sich da nicht doch einige Fehler eingeschlichen haben, lässt sich schwer sagen, da ich mir oft nicht sicher bin, ob sich jemand verspielt hat oder ob der Song einfach so klingen soll. Auch was die gesangliche Leistung betrifft, kann ich nur von Erleichterung sprechen, als es dann doch irgendwann dem Ende zugeht. Zumindest Soundtechnisch kann sich das p.p.c. wirklich hören lassen, was mich aufatmen lässt.
Schon kurze Zeit später geht es dann los. Ich bin gefasst, denn „ich weiß ja schon was auf mich zukommt“ – denke ich würde das alles diesmal viel cooler nehmen. Tatsächlich bleiben meine Augen beinahe das ganze Konzert tränenfrei – bis zu dem Moment, als die Jungs sich für 10 Jahre Bandgeschichte bedanken. Da kullern dann doch noch ein paar kleine Tränen.
Aber vorher noch zum Auftritt. Vieles würde sich natürlich mit dem bereits erwähnten wiederholen, doch einiges kann ich doch noch sagen. Schon bei den ersten Songs merke ich, dass die Band viel lockerer ist also noch zwei Wochen zuvor. Sie wirken gefasster und scheinen noch mehr Spaß zu haben. Auch der gesamte Auftritt wirkt stärker und man möchte meinen, die Fünf hätten über die zwei Wochen noch einmal eine ganze LKW-Ladung Energie geliefert bekommen. Vermutlich im Austausch gegen ihre CDs und Shirts, denn von denen ist nicht mehr viel übrig geblieben 😉
Ich bin hin und hergerissen und doppelt beeindruckt, denn FDTF beweisen nur, was ich schon immer gesagt habe: Diese Band ist eine der besten Live-Bands, die ich jemals erleben durfte! Und das zeigen sie in jeder Minute, die sie auf dieser Bühne verbringen. Sie suchen den Kontakt zu ihren Fans, Stoffl animiert die Menge in die Hocke zu gehen indem er selbst ins Publikum kommt und es uns vormacht. Sie reißen Witze und zeigen sich dankbar. Ich genieße die Show und freue mich nicht nur über den guten Ton sondern auch das viel bessere Licht. Es ist schon ganz schön, wenn man eine Band auch sieht, wenn sie direkt vor einem steht.
Statt vor der Zugabe die Bühne zu verlassen, da das in diesem Raum leider nicht möglich ist, meint Stoffl nur, sie würden diesen Teil überspringen, wollen sich aber trotzdem bedanken. Als sie sich vorne mittig versammeln tobt die Menge und überhäuft sie mit „Zugabe“-Rufen. Sie sollen schließlich wissen, dass wir weitere Songs hören wollen. Auch wenn sie so nicht damit gerechnet haben, freuen sie sich und spielen ihre Show wie versprochen zu Ende.
Nach dem Konzert werden wieder Komplimente und Danksagungen ausgetauscht und brav Fotos gemacht. Auch die eingepackten Mitbringsel werden unterschrieben und bestaunt. Nachdem wir die Jungs dann lange genug belästigt haben machen wir uns auf den Weg.
Wieso, aber konnte ich meine Emotionen heute im Griff halten? Ich habe darüber nachgedacht und verstanden, was heute Abend passiert ist. Mir ist klar geworden, dass ich eine meiner wichtigsten Bands „verlieren“ werde, doch mir ist auch klar geworden, dass es hier um keinen Abschied im herkömmlichen Sinn geht. Egal wie weh es tut diese Entscheidung hinzunehmen, es war eine unglaubliche Reise – und das kann mir niemand nehmen. Niemand kann mir die Erinnerung an die gemeinsame Zeit nehmen. Niemand kann mir die Musik nehmen, die sie uns hinterlassen haben. Niemand kann mir die Kraft nehmen, die mir diese Jungs gegeben haben, als ich sie am meisten gebraucht habe. Auch wenn für immer ein kleiner Teil fehlen wird und ich seit Wochen überlege, wie ich mit diesem Kapitel abschließen soll, ist das alles nicht wirklich wichtig. Drei grandiose Alben, begleitet von 7 Jahren Hochs und Tiefs, die durch ihre Musik schaffbar oder noch schöner geworden sind – das kann keine Band nachmachen und niemand ersetzen. Diesen Platz werden sie auf ewig behalten. Diese Band, die mir immer wieder durch knapp 3:40 Minuten wieder Hoffnung und Kraft geschenkt hat – ohne dass sie das wussten – wird immer in meinem Herzen bleiben. Ich bin unsagbar dankbar und kann all diese Worte voller Ehrlichkeit, Liebe und Dankbarkeit an die fünf Mitglieder dieser großartigen Band richten.
Stefan, Jojo, Clemens, Dani und Philip – DANKE, für diese einzigartige Zeit!
Ihr geht in die Geschichte ein – in meine Geschichte…
Hey, ihr da draußen! Mein Name ist Nina und lebe in Österreich. Schon seit früher Kindheit ist die Musik ein wichtiger Bestandteil meines Lebens – ein Bestandteil, den ich nicht missen will. Nichts macht mich so glücklich, wie in einer Menge von Menschen zu stehen, die das Gleiche fühlen und denselben Moment leben – glücklich sind während sie jeden Ton der Musik spüren und jedes Wort in sich aufnehmen, welches durch den Raum hallt. Immer wieder verschlägt es mich zu diversen Konzerten, die mich verzaubern und die mein Leben um einiges bunter und aufregender gestalten. Über diese Konzerte will ich euch berichten und freue mich, meine Erlebnisse mit euch teilen zu dürfen.